Selber machen

Experiment Gitarrenbau: Vom Bausatz zum individuellen Instrument

In diesem Blogbeitrag möchten wir euch gerne dabei mitnehmen, wie eine Gitarre aus einem Bausatz entsteht. Leider können wir nicht detailliert auf alle Entscheidungen und Arbeitsschritte eingehen, das würde hier den Rahmen sprengen. Wenn ihr ein ähnliches Projekt plant und Fragen zum Gitarrenbau habt, scheut euch aber nicht, uns per Mail zu kontaktieren.

Erste Schritte: Der Gitarren-Bausatz

Mit zunehmendem Können und nach den ersten Erfolgen wurde es bei einem unserer Besucher und Gitarrenschüler im Feierwerk Trafixx Zeit, für die erste eigene E-Gitarre. Weil bei der Auswahl des Instruments auch das Budget eine große Rolle spielte, wurde recht schnell mit einem Gitarrenbausatz geliebäugelt. Als ich die Frage, ob die Gitarre mit meiner Hilfe in unserer Werkstatt gebaut werden kann, mit einem „Ja“ beantwortet habe, wurde der Bausatz gleich bestellt und nach ein paar Tagen kam die sehnlichst erwartete Lieferung an.

Die Spannung war groß: Gleich nach dem Öffnen des Pakets setzten wir die Teile der Gitarre einmal zur Probe zusammen, um zu schauen, ob alles zusammenpasst und ob die Maße stimmen. Dabei fiel auf, dass die Bohrungen für die Bridge nicht optimal ausgerichtet waren. Vielleicht hatten wir ein Montagsstück? Da sich die Löcher aber an einer später nicht sichtbaren Stelle befanden, war das kein Problem und die Löcher konnten mit Holzleim und Zahnstochern gefüllt und später neu gebohrt werden.

Glatte Sache: Das große Schleifen

Die Form der Kopfplatte wählte der Jugendliche selbst aus und brachte sie mit der Säge in die richtige Form. Danach ging es an die schweißtreibende Arbeit: das Schleifen. Nicht nur die Kopfplatte musste bearbeitet werden, sondern der gesamte Hals und Korpus des Instruments. Schleifen braucht Zeit und Zeit ist kostbar. Aber wenn man beim Kauf Geld sparen möchte, muss dieser Schritt selbst durchgeführt werden. Nur so können die Hersteller die Bausätze günstig anbieten. Zwischen den Schleifgängen wischten wir das Holz mit einem leicht feuchten Tuch ab und ließen es trocknen. Das stellt die Holzfasern auf und die Oberfläche wird so möglichst glatt.

Bereits vor dem Feinschliff sollte die Entscheidung in Sachen Finish gefallen sein. Je nach Art des Finishs kann eine unterschiedliche feine Körnung beim letzten Schliff von Vorteil sein. Wenn ihr nach dem Lackieren eine spiegelglatte Oberfläche wollt, kommt ihr bei den meisten Hölzern auch nicht an Porenfüllern vorbei. Unser Besucher hat sich für Holzbeize und ein offenporiges Finish mit Öl entschieden. Für die Beize sind wir zusammen in den Baumarkt gegangen und haben recht günstige Holzbeize in verschiedenen Farbtönen mitgenommen. Das Öl, welches ursprünglich zur Behandlung von Jagdwaffen entwickelt wurde ist schon lange kein Geheimtipp unter den (Hobby-)Gitarrenbauern mehr.

Oberflächenbearbeitung: Vom Beizen zum Finish

Vor dem Beizen haben wir den Korpus mit Druckluft von Staub befreit und dann konnte es schon losgehen. Die Seiten und die Rückseite des Korpus sollten schwarz werden. Das war recht schnell und einfach erledigt. Die Korpusdecke sollte später blau mit betonter Maserung daherkommen. Also auch hier erstmal schwarze Beize, gefolgt von einem Schleifgang und nachdem der Korpus ein weiteres Mal von Staub befreit wurde, gaben wir anschließend blaue Beize darüber.

Farbauswahl: Welche Töne passen am besten zusammen?
So sollte die schwarze Farbe die Maserung betonen.
Bei der Aufhängung könnt ihr kreativ werden.

 

 

 

 

 

 

 

Bevor das Öl als Finish aufgetragen werden kann, müssen noch einmal Hals und Korpus mit Druckluft von Staub befreit und das Griffbrett abgeklebt werden.

Als wir das Öl dünn mit einem fusselfreien Lappen aufgetragen hatten, hieß es erst einmal warten – der Hersteller empfiehlt mindestens 12 Stunden – und dann… ihr habt es vielleicht schon erraten: machten wir uns an einen feinen Zwischenschliff, der allerdings nur notwendig ist, wenn man Unebenheiten feststellt. Das haben wir so lange wiederholt, bis die gewünschte Schichtdicke erreicht war. Nach ausgiebigem Aushärten kann das Öl-Finish noch bis zum gewünschten Glanz poliert werden.

Endspurt: Elektronik & Hardware

Bevor es an die Endmontage beim Gitarrenbau ging, war aber noch etwas Geduld und Geschick gefragt. Die Elektronik wollte verlötet und verbaut werden. Wenn bei dem Bausatz die Teile nicht schon vorverlötet sind oder ihr andere Tonabnehmer verbauen wollt müsst ihr selber Hand anlegen.

Die Schwarze Beize und der Zwischenschliff haben sich ausgezahlt.

Um unnötige Arbeit und Frustration zu vermeiden, haltet euch an die Vorgaben des Herstellers. Bestimmte Modifikationen (Mods) überlasst ihr am besten den Fachleuten, sofern ihr euch nicht gut auskennt. Bei unserem Modell im Stil einer Telecaster werden die Potis (kurz für Potentiometer) und Switches auf eine Metallplatte geschraubt. Sollte das bei euch nicht der Fall sein (z.B. bei einem Les Paul Bausatz) empfehle ich euch, eine Schablone mit den richtigen Lochabständen aus einer dünnen Holzplatte zu bauen und die Teile darauf zu verlöten. Das ist deutlich einfacher als in dem E-Fach der Gitarre herumzufriemeln. Besonders wichtig ist, dass ihr die Saitenerdung vor dem Einbau der Bridge nicht vergesst.

Nachdem die komplette Hardware eingebaut wurde konnten Hals und Korpus verbunden werden. Im Anschluss wurden die Bünde poliert, Saiten aufgezogen, Halskrümmung, Saitenlage und Oktavreinheit eingestellt und ENDLICH probegespielt.

Fazit: Nicht perfekt, aber ein gutes Unikat

Ist aus dem 140-Euro-Bausatz die perfekte Gitarre geworden? Mit Sicherheit nicht. Wenn man sich die Preise für hochwertige Teile auf dem Aftermarket ansieht wird schnell deutlich, warum. Gute Stimmmechaniken können schonmal 100 Euro oder mehr kosten. Auch für einzelne Tonabnehmer können je nach Vorlieben auch über 100 Euro anfallen. Trotzdem waren wir überrascht, wie gut das Ergebnis am Ende geworden ist. Auf jeden Fall kann die Gitarre mit den günstigen Einsteigermodellen namhafter Hersteller mithalten. Außerdem könnt ihr euch die Gitarre optisch genau nach euren Vorstellungen gestalten.

Wenn ihr die nötigen Werkzeuge und Materialien nicht zu Verfügung habt, solltet ihr euch das aber vorher nochmal gut überlegen. (Gutes) Werkzeug, Lötkolben usw. sind nicht billig. War es den Aufwand und die Mühe wert? Das muss jede*r für sich entscheiden. Die gesammelten Erfahrungen und das Wissen sind unbezahlbar. Wir würden also sagen: JA!

Die eigene E-Gitarre spielen oder einfach mal ausprobieren? Im Feierwerk Trafixx können Jugendliche in verschiedenen Workshops Instrumente lernen, vertiefen und ihre eigene Musik aufnehmen.

Jakob leitet seit Februar 2019 das Trafixx. Am liebsten beschäftigt er sich mit Musik. Im Trafixx kannst du mit ihm Songs aufnehmen und in die Studioarbeit schnuppern oder Gitarre lernen.

1 Comment

  1. Toller Beitrag! – Ich finde es auch spannend, wie viel man beim Bau einer Gitarre lernen kann – vor allem, wenn man den Bausatz als Experiment sieht, bei dem man nicht nur handwerkliche Fähigkeiten, sondern auch Geduld und Ausdauer entwickelt. Aber 140,- € für einen Bausatz? Da kommt bei mir die Frage auf, ob sich der Aufwand wirklich lohnt – gerade wenn man bedenkt, wie viel Zeit und Energie man in so einem Projekt investieren muss.

    In unserem Jugendtreff (Neuperlach Süd) überlegen wir gerade, was für uns einen „guten“ Treff ausmacht und welche Projekte wirklich sinnvoll sind. Vielleicht ist es ja genau diese Mischung aus Lernen, Ausprobieren und am Ende etwas Eigenes zu schaffen, die den Reiz ausmacht – aber ob jeder wirklich den nötigen „Bock“ hat, das zu Ende zu bringen, bleibt fraglich. Ich bin gespannt, wie sich das bei uns entwickeln wird!

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