Ein Wochenende im Feierwerk-Kosmos: Zwei Tage voller Energie, Diskussionen und vor allem Musik. Listen to Munich 2024, der bereits zweite Münchner pop.culture.summit, war kein gewöhnliches Konferenzwochenende. Es war ein Statement. Und, ganz ehrlich, es fühlte sich ein bisschen so an wie ein großes Familientreffen der Münchner Popkultur – nur dass der Smalltalk hier alles andere als erzwungen war.
Am 15. und 16. November verwandelte die Fachstelle Pop das Feierwerk in einen Schmelztiegel, in dem vieles möglich schien: Musiker*innen, Veranstalter*innen, Politiker*innen oder einfach nur Musikbegeisterte diskutierten, lernten voneinander und arbeiteten an gemeinsamen Visionen. Fast 40 Programmpunkte – von Workshops über Panels bis hin zu abendlichen Live-Acts – zeigten eindrucksvoll, wie lebendig und divers die Szene der Stadt ist. Aber auch, wie sehr sie kämpft. Es war ein Wochenende, das zwischen Aufbruch und Realität balancierte.
Ernste Fragen, ehrliche Antworten: Speed-Dating mit der Zukunft
Eins der Highlights für viele Besucher*innen abseits der oftmals schweren Themen wie Popförderung und Strukturen? Definitiv das Speed-Dating zwischen Künstler*innen und Politiker*innen. Klingt erstmal nach awkward Tinder-Date, war aber ganz das Gegenteil. Es ging direkt zur Sache: ernste Fragen, ehrliche Antworten und manch einer konnte gleich schon konkrete Projekte platzieren und Kontakte knüpfen.
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Genau diese Energie durchzog das gesamte Wochenende. Es wurde nicht nur geredet, sondern konkrete Lösungsansätze diskutiert, hitzige Debatten gefĂĽhrt und auch einiges mitgenommen. Vor allem das Thema Räume brannte allen unter den Nägeln. „Die kleinen Clubs sterben uns unterm Hintern weg,“ lieĂź Katja Lucker von der Initiative Musik verlauten – ein Satz, der einschlug, wie die Basslines der MĂĽnchner Post-Punk-Band „Friends of Gas„, die am Samstag fĂĽr musikalische Grenzgänge und Höhepunkte sorgten. Aber auch die Beiträge des Publizisten Berthold Seliger ĂĽber GroĂźkonzerne und das Imperiengeschäft stimmten nachdenklich und manch einen sogar fassungslos.
Money, Money, Money: Fehlanzeige, aber Ideen ohne Ende
Wie immer, wenn’s ans Eingemachte geht, kam auch schnell das Thema Geld auf den Tisch. Klar, Opernhäuser und Theater saugen die Fördertöpfe leer, während die Popkultur mit Kleingeld jongliert. Ein Vorschlag, der besonders viel Applaus bekam: Einen Euro pro Ticket großer Konzerte für die lokale Szene. Und auch sonst waren die großen Sommerkonzerte, allen voran Taylor Swift und Adele, ein viel diskutiertes Gesprächsthema. Braucht’s das? Ja schon, aber eben auch die Kleinen und davon viel mehr.
Wie ein Deutschland ohne Pop- und Subkultur aussieht, habe uns bereits die Pandemie gelehrt, mahnte eine Publikumsstimme. Eine weitere Stimme betonte die Notwendigkeit, den Zugang zu Kultur noch viel niedrigschwelliger zu machen.
Vielfalt, Inklusion, Awareness: Let’s be the Change
Die wohl emotionalsten Panels des Listen to Munich 2024 waren jedoch diejenigen, bei denen marginalisierte Gruppen und Opfer von Machtmissbrauch, Sexismus und Fremdenfeindlichkeit thematisiert wurden. Egal ob die Casa Lindemann oder die erst kĂĽrzlich erhobenen VorwĂĽrfe im Umfeld von Jeremias: Frauen sind noch lange nicht so gleichberechtigt, wie es oft postuliert wird und die Szene bei weitem noch nicht so offen fĂĽr andere Kulturen, wie man glauben mag.
Ebenfalls für Frösche im Hals sorgten Statements von David Mayonga aka Roger Rekless und Isabel Leila Gütlein aka Gündalein, für die es fast nicht möglich ist, keine politisch motivierte Musik zu machen, da ihr ganzes Leben politisch sei. Auch hier lässt der große Applaus darauf hoffen, dass angesichts der aktuellen politischen Wählerlage weiterhin positive Veränderungen stattfinden.
Demo Listening Session: Herzschlag der Szene
Mein persönliches Highlight? Ohne Frage die Demo Listening Session am Samstag. Künstler*innen aus ganz Bayern präsentierten ihre Tracks vor einer Fachjury, darunter bekannte Namen wie Willy Löster oder Laura Glauber alias Lauraine. Ich durfte das Panel zum wiederholten Male moderieren – und hey, es war mir wie immer ein Fest!
Ganz besonders, wenn Acts wie Plaush, Singer-Songwriter aus Augsburg, oder die Sängerin Gladis mit ihren eingereichten Songs für tosenden Applaus sorgten. Der Mix an Genres, der hohe Produktionsstandard der hiesigen Newcomer*innen und so vieles mehr: Genau das macht die Sessions so wertvoll: direkter Austausch, kein Bullshit. Und so ging es um das, was wirklich zählt – Musik.
Fazit und Ausblick: Mehr Lärm, bitte!
Was bleibt nach diesem Wochenende? Das GefĂĽhl, dass MĂĽnchen mehr kann. Mehr sein will. Aber auch mehr UnterstĂĽtzung braucht. Listen to Munich war mal wieder nicht nur Konferenz, sondern ein Aufruf: an die Politik, an die Stadt, an uns alle.
Münchens Popkultur lebt – und sie hat noch lange nicht genug. Die nächste Ausgabe? Die kann gar nicht früh genug kommen. Bis dahin gilt: Seid laut, bleibt sichtbar, drängt die Politik und seid füreinander da.
Danke an die Feierwerk Fachstelle Pop und alle Möglichmachenden für diese zwei bewegenden und motivierenden Tage!