Musik

„Muddy What?“: Bluesband des Jahres 2021 live in der Kranhalle

Bei der aktuellen Flut an Konzert-Absagen, träumen wir uns gern zurück in den vergangenen Oktober, als wir die Abende noch in vollen Hallen tanzend verbrachten. Dirk nimmt euch mit zu einem Rückblick auf das großartige Muddy What?– Konzert in der Kranhalle.

Anfang Oktober wurde das fränkische Blues-Trio Muddy What? erst auf einer Blues-Challenge in Schleswig-Holstein zur besten deutschen Bluesband des Jahres gekürt. Wenige Tage später bewiesen die drei Vollbluesmusiker in der Kranhalle, warum sie von Blues-Expert*innen auch jenseits solcher Wettbewerbe euphorisch gefeiert werden.

Beeindruckendes Schlagzeugsolo

Da wäre zunächst einmal das technische Knowhow, mit welchem Schlagzeuger Michi Lang zum Beispiel sein die Band stützendes Rhythmusspiel immer wieder mit kleinen raffinierten Trommeleinlagen anreichert. Zudem lieferte er in der Kranhalle dann auch ein Schlagzeugsolo, das alle Rhythmuseinlagen – etwa das der englischen Bluesrock-Band Ten Years After auf dem legendären Woodstock-Festival – in den Schatten stellte. Falls jemand das nicht mitbekommen haben sollte: Weil während ihres Konzerts auf dem Woodstock-Festival 1969 der Strom ausfiel, überbrückte Ten Years After die Zwangspause mit einem Schlagzeugsolo, das so gut bei den Fans ankam, dass die Band noch auf heutigen Konzerten jenes Solo reproduziert. Und das, obwohl gar kein Stromausfall mehr vorliegt. Aber zurück zu Muddy What?, deren Sound zwar vordergründig über das Saitenspiel der Geschwister Spang definiert sein dürfte. Trotzdem kann sich das Schlagzeug im Trio als gleichwertiges Instrument behaupten, das eben nicht nur den Rhythmus liefert.

Sänger und Gitarrist Fabian Spang begeistert mit seinem exzessiven, klagenden Gesang. Und es gibt die Leadgitarristin Ina Spang, die vom eigenen Saitenspiel getrieben tänzelnd über die Bühne gleitet, wenn sie nicht gerade auf einem Barhocker sitzt, um hier auch eine Mandoline in ein Bluesinstrument zu verwandeln.

Mandolinenvirtuosin und Gitarrengöttin

Dabei hatte ihr eine allzu strenge Mandolinenlehrerin dieses Instrument eigentlich schon fast vergällt. Ein deutlich inspirierenderer Gitarrenlehrer, der die Geschwister Spang auch in ihrer Bluesneugier unterstützt hatte, konnte aber zum Glück auch wieder Inas Interesse an der Mandoline wecken. Tatsächlich nämlich zählt gerade Inas Mandolinenspiel in der Bluesauslegung von Muddy What? zu dem, was einige Expert*innen als das Alleinstellungsmerkmal des Trios ansehen. Und in der Tat sieht man ja auf den einschlägigen Bühnen nur äußerst selten eine Mandolinenvirtuosin neben all den Gitarrengöttern glänzen. Wobei man Ina Spang sehr wohl auch zu den Gitarrengöttern zählen darf, bzw. zu den Gitarrengöttinnen.

Wenn sie zur musikalischen Vorlage des Bruders und des Drummers über die Saiten fingert und diese immer mal wieder dehnend und ziehend aufheulen und juchzen lässt, dann verschwindet förmlich erst die Spielerin im Instrument, und schließlich ihr Instrument in der Musik. Zurück bleibt ein Lächeln der Musikerin, das wie das antrainierte Lächeln einer Zirkusartistin die Anstrengungen ihres Vortrags zu kaschieren sucht. Kein aufgesetztes Lächeln wohlgemerkt. Eher eine höfliche Geste gegenüber dem Publikum, dem die Virtuosin für seine Aufmerksamkeit danken mag.

Klassiker im Blues-Gewand

Und tatsächlich schien das Publikum die Musik des Trios in der Kranhalle regelrecht zu atmen. „Mach jeden Song zu deinem Lieblingslied“, sang Fabian Spang auf Englisch, derweil seine Band tatsächlich auch diesen Song in ein Lieblingslied verwandelte. Eines, das einem irgendwie vertraut vorkam, bis endlich mehr der Text des Refrains als seine musikalische Aufbereitung den Song als einen alten Rolling Stones-Klassiker zu erkennen gab: „Shine A Light“ von der legendären Stones-Scheibe „Exile On Main Street“.  Doch wie auch Dylans „One More Cup Of Coffee“ ist der Stones-Song nur eine Vorlage, auf der Muddy What? ihren eigenen Song aufbauen.

Und genau das macht den Blues bei Muddy What? so lebendig. Dass dieser hier nämlich nicht nostalgisch nachgezeichnet wird, und dass hier keine als Konzert getarnte Geschichtsvorlesung kulturelle Errungenschaften einer Vorzeit als bedeutende Initiatoren der heutigen Kultur behauptet wird. Entsprechend demonstrieren die Muddy What?- Fans in der Kranhalle auch weniger ihr Fachwissen, wie es bei manchem Bluesertreffen ja Sitte zu sein scheint. Nein, auf Muddy What?- Konzerten tanzt man lieber zum Blues und freut sich hin und wieder, wenn einem das eine oder andere Mal aufgeht, warum einem das tolle Stück, das die Band da so formvollendet zelebriert, die ganze Zeit so bekannt vorkam.

Dirk Wagners Lieblingsfarbe ist bunt und seine Welt ist Klang. Und genau darum zählt der passionierte Konzertgänger auch das Feierwerk zu seinen Liebelingsorten in seinem Lieblingsort München. Weil das Feierwerk aber nicht nur Konzertbühne, Ausstellung und Vortragsraum ist, sondern auch Kinder- und Jugendeinrichtungen in München betreibt, konnte der Stammgast Dirk endlich auch Mitglied der Feierwerk-Familie werden: als Medienpädagoge arbeitet er nämlich seit Juni 2021 in der vom Feierwerk betriebenen Kinder- und Jugendeinrichtung Trafixx. Wobei, Familienmitglied des Feierwerks war er ja eigentlich schon immer irgendwie…

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