Münchens Musikszene lebt und die Vielfalt ist gewaltig – das „Sound Of Munich Now Festival“, veranstaltet vom Feierwerk und der Süddeutschen Zeitung, zeigt dies jedes Jahr aufs Neue. Doch dieses Jahr ist alles anders. Der Festivalsommer 2020 ist für alle flachgefallen – außer für ein kleines Grüppchen an Videoproduzierenden, Ton- und Lichttechniker*innen, Veranstaltenden, Redakteur*innen und Fotograf*innen. Denn Ende September bekamen wir die Möglichkeit, das, was normalerweise mit vielen Menschen vor Ort im Feierwerk stattfindet, einfach anders aufzuziehen. Fünf Tage lang produzierten wir in der Kranhalle 20 Live-Videos von Münchner Acts, die nun den ganzen November hinweg auf soundofmunichnow.de veröffentlicht werden. Unser ganz eigenes kleines Festival – nur dieses Jahr eben ausnahmsweise mal digital.
Endlich wieder Live-Musik – die Begeisterung ist groß
Für mich persönlich ist es ein ganz besonderes Erlebnis, weil ich letztes Jahr gemeinsam mit meinen Kolleginnen Sonja und Johanna für Radio Feierwerk vom Sound Of Munich Now berichtet habe. Statt im Radiostudio sitze ich dieses Jahr gemeinsam mit meiner Kollegin Lessa von der Feierwerk Fachstelle Pop vor der Kranhalle und schaue gebannt auf einen Bildschirm. Darauf: Das Live-Bild aus der Kranhalle, in der gerade eine von 20 Bands ihre Live-Session spielt. Gefilmt von Ideal Entertainment, finanziert von Kulturreferat, Jugendkulturwerk und MVG, sowie geplant von Feierwerk und Süddeutsche Zeitung.
Jede*r von uns ist begeistert: Von den Ergebnissen, vom Team, von der Arbeit, von „Endlich wieder Live-Musik!“. Michi Bremmer, der sich von Seiten der Süddeutschen Zeitung um das Sound Of Munich Now kümmert, fasst gut zusammen, wie wir uns fühlen:
“Wenn wir jetzt sehen, was seit einigen Tagen hier ist, bin ich total überwältigt, weil ich habe es mir toll vorgestellt, aber so toll nicht. Von daher ist es jetzt wirklich schön zu sehen, mit welchem Elan, mit welchem Schwung die Bands und auch die Video Crew herangehen und mit welcher Freude das Ergebnis in Empfang genommen wird.”
– Michi Bremmer, SZ
Zu den Ergebnissen später mehr. Jetzt kommt erstmal eine neue Band an. Der Ablauf ist immer gleich: Sobald sie ankommen, nimmt Lessa sie in Empfang, zeigt ihnen Backstage und Set und versorgt sie mit Getränken. Danach kommt Lolli, einer der beiden Tontechniker, auf die Künstler*innen zu und klärt mit ihnen Details zu Instrumenten, Effekten und Backing Tracks. Er mischt den FOH-Sound, heißt: die Tonspur, die schlussendlich das fertige Video begleiten wird.
“Die Arbeit hier ist tatsächlich ganz schön geil, weil man immer auch mit Kameraleuten interagieren muss, da gibt’s dann Kompromisse, die man irgendwie eingehen muss, was die Tontechnik betrifft. Prinzipiell bin ich froh hier zu arbeiten, nicht nur weil ich dann einen Job hab, sondern weil ich auch einfach generell viel im Studio arbeite und das hier ist genau der Hybrid zwischen Live- und Studioarbeit. Das finde ich interessant, vor allem bei den ersten ein, zwei Bands, weil man so ein bisschen ins Blinde mischt. Man weiß nicht wie es letzten Endes auf der Kamera klingt, aber ich glaube, es ist ganz okay geworden.”
РRen̩ (Lolli) Springer, FoH Sound
Die Künstler*innen in Szene setzen – und sich für jede Band Zeit nehmen
Dann: Aufbau. Wer steht wo? Wie können wir die Band am besten in Szene setzen? Große Rolle spielt dabei das Licht. Dafür wurde Yves von den Organisierenden ans Set geholt. Der hat seine Ausbildung zu Veranstaltungstechniker im Feierwerk gemacht und ist heute selbstständiger Lichtdesigner. Ein Job, der momentan leider nicht besonders viel Geld bringt:
“Als ich im Juni den Anruf mit den ersten spärlichen Infos bekommen habe, habe ich mich unfassbar gefreut und konnte das gar nicht glauben. Der 13.03. war bis dato mein letzter Arbeitstag. Alles wurde ab diesem Tag abgesagt und ich habe auch keine Aufträge bzw. Projekte in der Zukunft mehr. Allerdings was deutlich mehr belastet, ist das fehlende Miteinander mit den zahllosen Menschen. Und natürlich die Musik. Das wird einem erst so richtig bewusst, wenn man die wieder live erleben darf! Während der Produktion haben wir uns für jede Band Zeit genommen, um mit allen zusammen Ton, Licht, das Set und natürlich das Video abzustimmen. Wir haben über die Musik geredet, welche Atmosphäre zu erwarten ist, welche Aufstellung im Raum gut wäre, Kamerapositionen wurden umgebaut oder angepasst, Dinge im Set verändert, Lichtstimmungen ausprobiert und zusammen mit dem Videografen Bernhard Schinn von Ideal Ent. und den jeweiligen Bands kreiert.”
– Yves Sauder, Lichtdesigner
Sound Of Munich Now 2020 – Soundcheck!
Sobald die Bands aufgebaut haben, geht es an den Soundcheck – denn die Bands müssen sich ja auch in der Halle gut hören können. Dafür verantwortlich ist Tom. Er kennt das Sound Of Munich Now fast von Beginn an aus technischer Perspektive.
“Dieses Jahr ist es schon spannend, das ist natürlich deutlich intimer, weil man mehr Zeit mit jeder Band hat. Das ist aber auch so ein bisschen der Punkt, je mehr Zeit man hat, desto mehr Fehler werden gemacht. Wenn man nur die 15 Minuten auf der Bühne hat, dann muss man relativ effektiv arbeiten, sowohl als Techniker*in als auch als Musiker*in. Dadurch, dass man einen zwei Stunden Slot hat, kann es sein, dass man vielleicht so mancher Band da auch ein bisschen mehr Zeit lässt als bei einer Live-Show, wo dann klar ist, ‘Okay, die Zeit die für den Umbau verwendet wird, fehlt ja schon’. Von daher ist dieses Jahr cool, weil es mehrere Tage sind, intimere Atmosphäre, detailreichere Arbeit, zum anderen fehlt aber der Live-Charakter, mit den Leuten, dem Adrenalin, der Geschwindigkeit. Aber beide Erfahrungen sind grandios.”
– Tom Bohner, PA-Sound
Die Videoproduktion ist das diesjährige Herzstück
Dann beginnt das Herzstück der Produktion: Die Aufzeichnung des Videos. Hauptverantwortlich dafür sind Bernhard Schinn und Marcel Chylla von Ideal Ent. Die beiden sind bei jedem Videodreh in der Kranhalle, schneiden live, bedienen und positionieren Kameras. Dabei muss auf viele verschiedene Faktoren geachtet werden.
Im Zentrum steht die Musik: Spielt eine Künstlerin modulare Elektrosounds auf verschiedenen Synthesizern, sind die Einstellungen ruhig, es wird ruhig und selten geschnitten. Bei einer Punkband sieht es schon ganz anders aus: Marcel, der das Video live während der Produktion schneidet, ändert pro Takt einmal die Kameraeinstellung. Bernhard, der eine der Kameras aus der Hand bedient, zoomt abrupt auf die Füße des Sängers, der strauchelt. Hier ist also immer volle Konzentration gefordert. Trotzdem ziehen die beiden am Ende der fünf Produktionstage ein positives Fazit:
“Für uns hat sich‘s eigentlich schon fast wie ein echtes Festival angefühlt. Natürlich war es krass, den ganzen Tag verschiedene Bands zu filmen, aber es lief alles glatt, die Crew war super fit, die Bands waren super nice. Alle waren bemüht, ein gutes Ergebnis rauszuholen.”
– Marcel Chylla, Bernhard Schinn, Ideal Ent.
Hier gibt es ein paar Eindrücke von hinter den Kulissen:
Crewlove is true love
Das kann sich sehen lassen. Nach dem Auftritt und einem Interview bekommen alle Acts die Möglichkeit, die Videos gemeinsam mit der Crew vor der Kranhalle anzuschauen.
Nicht nur die Musiker*innen sind beeindruckt, sondern auch die Crew, die Kameras bedient, Ton gemischt oder Licht gefahren hat. Alle sind jedes Mal aufs Neue begeistert von dem Ergebnis und davon, wie die einzelnen Arbeitsschritte ineinander greifen.
Lessa, die für das Feierwerk hauptverantwortlich das Sound Of Munich Now betreut, stellt abschließend fest:
“Die diesjährige Produktion des Sound Of Munich Now war für uns etwas ganz Besonderes. So ein Projekt hatte zuvor noch keiner von uns organisiert und vor allem erfolgreich über die Bühne gebracht. Aber was wir dann bei der eigentlichen Produktion erlebt haben war die Arbeit der sechs Monate absolut wert und hat für mich alle Erwartungen übertroffen, schon vom Aufbautag an hat das gesamte Team für die Sache gebrannt und hatte einfach Lust, mal wieder zu arbeiten! Für manche war es der erste Job seit Monaten. Die Crew war wirklich perfekt und am liebsten hätte ich direkt noch eine Woche drangehängt.”
– Alessa Patzer, Feierwerk Fachstelle Pop
Und was sagen eigentlich die Bands zu ihren Live-Sessions?
„Richtig gut!“ – „Krass, dass du den Sound live gemischt hast, der Hall ist mega!“ – „Wir sehen richtig professionell aus.“ – „Die ganze Stimmung ist super!“ – „Das war richtig professionell!“ – „Danke für eure Arbeit!“
