Mini-Beete to go, Tischtennis-Training, kunterbunte Filzbälle und ein Auftritt des Kinderchors: Bei „Hereinspaziert!“, dem Tag der offenen Tür in der Feierwerk Funkstation, gab es anlässlich des zweijährigen Jubiläums der integrierten Quartierseinrichtung ein vielseitiges Programm für alle kleinen und großen Besucher*innen. Katrin Pischetsrieder, die Leitung der Funkstation, hat mir in einem schönen Gespräch im Vorfeld der Veranstaltung verraten, was hinter dem „Alles unter einem Dach“ – Konzept steckt, und warum es ganz besonders ist.
„Den Charme einer integrierten Einrichtung machen viele Dinge aus, allem voran, dass man aufeinander trifft. Das ist ein großer Wert für die Besucher*innen“, verrät mir Katrin. Dass die Funkstation in der Tat ein Ort der Begegnung ist, merke ich beim Betreten des Hauses am Tag der offenen Tür sofort. Im großzügigen und hellen Café-Bereich wuseln die Kleinkinder durch die Beine ihrer Eltern hindurch, Jugendliche laufen mit Tischtennis-Schlägern bewaffnet in Richtung DIY-Hot-Dog-Bar. Es ist einiges los. „Eine integrierte Einrichtung bedeutet, dass sich verschiedene Nutzergruppen in ein und demselben Haus zusammenfinden und dort verschiedene Angebote wahrnehmen können“, erzählt Katrin. An diesen mangelt es der Funkstation tatsächlich bei weitem nicht: Von unterschiedlichsten Kreativ-Workshops in der Werkstatt für Kinder von 6 bis 12 über Sportangebote in und außerhalb des Hauses für die Jugendlichen von 12 bis 18 bis hin zum Stress-Bewältigungs-Kurs für Familien – das Programm deckt ein breites Spektrum für jegliche Interessen ab.
Freiraum zur Gestaltung in der Funkstation
„Ein Schwerpunkt ist auf jeden Fall die kulturelle Bildung. Sich kreativ mit etwas zu befassen, im wahrsten Sinne des Wortes, das ist ja auch etwas sehr Sinnliches“, berichtet Katrin. „Angefangen bei der klassischen künstlerischen Gestaltung, die in der Werkstatt und im Atelier umgesetzt wird, über den musikalischen Bereich, wie beispielsweise im Songwriting-Workshop oder auch im Instrumenten-Karussell. Es ist wichtig, den Kindern und Jugendlichen eine anregungsreiche Umgebung zu schaffen, aber auch zu sagen: es ist euer Projekt, macht mal. Manchmal ist es tatsächlich etwas erschreckend zu merken, wie neu das für viele ist, dass sie so frei sind in ihrem Tun.“
Während ich diese Gedanken sacken lasse, schlendere ich bei „Hereinspaziert!“ in Richtung Atelier, wo Sabine, die Übungsleiterin, in einem Raum voller Kinder und Eltern gerade Tennisbälle in allen Farben umfilzt. Andere sind dabei, aus Fahrradschläuchen eine Hängematte zu knoten – auf dieses Ergebnis bin ich mit am meisten gespannt. Während im Kino der Funkstation ein Film läuft, den die Jugendlichen bei einer Reportage auf dem Amper-Hof gedreht haben, versuchen sich im hauseigenen Medienlabor gerade einige am Mikro. Unten singt der Kinder-Chor Pippi Langstrumpfs „Ich mach mir die Welt…“, im Jugendraum läuft ein wilder Ping-Pong-Battle, und in der Werkstatt pflanzen die Kinder in Milchkartons Kräuter an. Diese Mini-Beete dürfen sie dann auch mit nach Hause nehmen.
Für jeden Bereich einen eigenen Eingang
„So ein Haus kann nicht einfach nur ein kleines Gebäude sein, bei dem sich bei der Planung niemand Gedanken dazu gemacht hat“, sagt Katrin. „Es muss viel Platz geben und die Nutzfläche muss so gestaltet sein, dass sie für die verschiedenen Nutzer*innen auch etwas hergibt. Wir haben in der Funkstation daher für alle Interessensgruppen eigene Eingänge. In diesem Gebäude ist es gelungen, dass jede/r das Gefühl hat, ich habe im Ganzen doch auch meinen Bereich, der nur mir gehört. Das ist gerade für die Jugendlichen sehr wichtig, dass sie wissen, ihr Jugendraum wird nicht an andere vermietet. Sie haben ihn in den ersten Monaten mit Leben gefüllt, Tische mit Dot-Painting verziert, Möbel gebaut und einen stylischen „Funkstation“-Schriftzug in Graffiti-Manier entworfen – damit sie den Raum auch als ihren empfinden. Man kann es ganz gut mit der Familie vergleichen, in der im besten Fall auch jede/r sein eigenes Zimmer hat.“
Ein solches Zusammenleben bringt natürlich auch Herausforderungen mit sich, weshalb ein respekt- und rücksichtsvoller Umgang miteinander sehr wichtig ist. „Nach einem Szene-Check mit Live-Bands am Abend muss im Anschluss an die Konzerte also aufgeräumt werden, wenn am nächsten Morgen das Familienfrühstück stattfindet“, erzählt Katrin. „Eine solch integrierte Einrichtung muss sehr gut gesteuert sein, damit alle unterschiedlichen Interessen ihre Berechtigung haben und diese auch umsetzen können.“ Mein Eindruck ist, dass dieser Kompromissweg in der Feierwerk Funkstation gut funktioniert, denn von allen Besucher-Seiten schlägt mir durchweg positives Feedback entgegen. Von ‚zweites Zuhause‘ ist die Rede, wenn ich die Mama mit Baby im Toberaum für Kleinkinder befrage, von wohlfühlen und mitgestalten können. Die Menschen aus dem Viertel engagieren sich im Café, backen Kuchen, geben Sportkurse, leiten Familien-Kurse und übernehmen das ein oder andere Angebot ehrenamtlich. Es ist ein Miteinander an vielen Stellen.
Groß werden in der Funkstation
„Es wäre natürlich das Optimum, dass die Kinder einmal durchwachsen. Dass sie vom Eltern-Kind-Treff, wo sie rumkrabbeln, über den Kindertreff mit Angeboten wie der Werkstatt bis zum Jugendtreff, wo sie sich vor allem sportlich betätigen können, mitlaufen. Und dass sie dann, wenn sie selbst Eltern sind, Informationsangebote wahrnehmen und andere Eltern treffen können. So sind die Leute mit dem Haus verbunden, sie fühlen sich damit identifiziert. Und wir kennen sie gut und können ihnen natürlich viel mehr bieten, was sie brauchen“, berichtet Katrin.
Seit dem Programmstart vor rund zwei Jahren ist also viel passiert, und auch für die Zukunft hat das Team der Funkstation noch einiges vor. „Für uns ist das Haus wie das eigene Baby, das gerade zur Welt kam“, schmunzelt Katrin. „Und natürlich sind wir noch immer in einer Entwicklungsphase, man ist überhaupt nie fertig mit so einem Haus. Es ist jetzt vielleicht etwas idealistisch gedacht, aber es wäre schön, die Verknüpfungen und Verbindungen im Haus weiter ausbauen zu können. Wir denken dabei etwa an eine Babysitter-Börse, weil wir Jugendliche haben, denen so etwas Spaß machen könnte, und die für manche Familien im Viertel bestimmt eine tolle Hilfe wären. Oder auch die Idee, dass unsere Jugendlichen von der Freitagsbar einmal bei Familienveranstaltungen ihre alkoholfreien Cocktails mixen. Das macht ihnen total Spaß, sie probieren immer wieder Neues aus, und mir wurde auch schon oft etwas an den Schreibtisch gebracht.“
Vielen Dank für das Gespräch, liebe Katrin!