Stimmzettel, Wahlkabine, Kreuzchen machen – fast wie in echt! Am Freitag, den 05. Oktober, also neun Tage vor der Landtagswahl in Bayern, durften Kinder und Jugendliche bei der U18-Wahl ihre Stimme abgeben. Die Feierwerk Funkstation und die Feierwerk Südpolstation haben sich als Wahllokale zur Verfügung gestellt und einen spannenden Tag erlebt. Und ich habe rund um die U18-Wahl ein paar Stimmen eingefangen.
„Wir nehmen bereits seit 2009 an der bundesweiten U18-Wahl teil, weil sie einen wichtigen Beitrag zur politischen Bildung leistet“, erzählt mir André Albrecht, der in der Südpolstation den Jugendtreff „PC Pool“ betreut. „Außerdem wollen wir damit den Kindern und Jugendlichen die Möglichkeit bieten, einmal über das Land, in dem sie leben, nachzudenken und sich darüber zu informieren.“ Auch Tomasz Zapart, Medienpädagoge in der Funkstation, hält die U18-Wahl für eine tolle Sache: „Demokratische Partizipation ist enorm wichtig bei allen U18-jährigen.“
Bereits im Vorfeld zur Wahl arbeiten die Pädagogen in den beiden Einrichtungen mit den Kindern und Jugendlichen auf Hochtouren an der Organisation. Wahlplakate werden gemalt, Wahlurnen gebastelt und Wahlkabinen aufgebaut. Tobi Köck, Vorsitzender des Deutschen Bundesjugendrings (DBJR), ist von diesem Engagement begeistert: „Ich freue mich riesig darüber, dass so viele Kinder und Jugendliche bei der U18-Wahl in Bayern mitmachen und ihre Themen einbringen. Die proaktive Mitgestaltung der Initiative zeigt einmal mehr, dass jungen Menschen politisches Interesse und gesellschaftliches Engagement sehr wichtig sind. Politische Bildung wie bei U18 ist ein wichtiger Faktor dafür. Aber es wäre wünschenswert, dass junge Themen einen selbstverständlicheren Platz in der politischen Realität bekämen und junge Menschen viel stärker auch an den Entscheidungen beteiligt werden.“ Der DBJR organisiert und trägt gemeinsam mit dem Deutschen Kinderhilfswerk, den Landesjugendringen, vielen Jugendverbänden und dem Berliner U18-Netzwerk die U18-Wahl.
Einige Parteien haben die Idee, das Wahlalter zu senken, bereits in ihrem Wahlprogramm aufgenommen. „Wie groß das Interesse für Politik ist, hängt natürlich auch stark vom Alter und auch von der Schulart ab – je nachdem, wann auch der Sozialkunde-Unterricht beginnt“, sagt Tomasz von der Funkstation. „Ich hatte das Gefühl, dass unsere Jugendlichen hier erst durch die U18-Wahl und durch die Produktion unseres Podcasts so richtig für die Landtagswahl sensibilisiert wurden.“ Neben der thematischen Verarbeitung der U18-Wahl im hauseigenen Radiostudio, hatte die Funkstation in den Wochen zuvor auch zwei Computer mit dem Wahl-o-Mat zur Verfügung gestellt. An diesen Workstations konnten sich die Kinder und Jugendlichen acht Parteien heraus suchen und dann mittels 32 Fragen ihre Interessen mit den Programmen der Parteien abgleichen. „Die Schnittmenge führte tatsächlich zu richtigen Aha-Effekten und überraschenden Ergebnissen“, verrät mir Tomasz schmunzelnd.
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Auch in der Südpolstation gab es schon vor der Wahl rege Gesprächsbereitschaft mit Kindern, Jugendlichen und Eltern und viele Meinungen wurden ausgetauscht. Und auch am Wahltag selbst herrschte vor Ort eine durchaus positive und entspannte Atmosphäre: „Mich beeindruckte an dem Tag besonders ein Achtjähriger, der die großen Informationsfaltblätter auf dem Fußboden ausbreitete, um ein Blatt Papier für Notizen bat und mir Fragen stellte wie: Was ist Rassismus? Was ist der Unterschied zwischen parlamentarischer und außerparlamentarischer Arbeit? Und was ist überhaupt ein Parlament? Als ich ihn dann fragte, wo denn seine Freunde seien, und ob diese nicht auch wählen wollten, kam er eine Stunde später mit seinem Freund an der Hand ins Wahllokal und sagte zu ihm: Hier, geh‘ wählen!“
Um 18:00 Uhr wurden die Wahllokale geschlossen und es ging ans Stimmen auszählen. „Unser Wahlleiter nahm es damit sehr genau und sagte auch, wenn eine Stimme ungültig war“, berichtet mir unsere Azubine Sarah, die als Wahlhelferin in der Südpolstation vor Ort war. Alle Ergebnisse wurden im Anschluss an die U18-Wahl gesammelt nach Berlin geschickt und sind inzwischen auch online abrufbar.
Auch bei der nächsten U18-Wahl sind die Funkstation und die Südpolstation als Wahllokale wieder mit von der Partie. „Auf jeden Fall!“, antworten mir Tomasz und André einstimmig. Und Tomasz fügt noch hinzu: „Die Minimaldefinition von Demokratie nach Schumpeter ist ja: Demokratie ist der Kampf um Wählerstimmen. Deshalb ist es so wichtig, die Art des Wählens frühzeitig kennenzulernen.“
Die Kinder und Jugendlichen haben ihre Stimme abgegeben – nun liegt es noch an uns Erwachsenen, unsere Meinung kundzutun und morgen ein Kreuz zu machen. Johannes Scholz, ehemaliger Mitarbeiter bei uns im Feierwerk und aktiv beim Pastinaken Bildungskollektiv hat mir zur U18-Wahl ein ganz schönes Statement geschickt, das sich, wie ich finde, auch auf unser Wahl-Engagement übertragen lässt: „Nutze die Chance, selbst mitzubestimmen und deine Themen und Inhalte vertreten zu lassen. Das Recht, wählen zu gehen und die Möglichkeit zu haben, Meinungsvertreter*innen zu wählen, ist ein hohes demokratisches Gut, wofür lange und intensiv gekämpft wurde. Und das in der heutigen Zeit oftmals als Selbstverständlichkeit wahrgenommen wird. Nur wer demokratisch wählt, kann eine offene und bunte Welt mitgestalten.“