Selber machen

Mit der „Südpolshow“ kannst du viel erleben – und durch den Samstagmorgen schweben

Wenn das rote Licht „on air“  über der Tür leuchtet, wissen die Südpol-Besucher Bescheid. Im Radio der Feierwerk Südpolstation wird gerade aufgenommen. Was sie vielleicht nicht wissen. Die Radiomacher der Südpolshow sind zwischen 8 und 15 Jahre alt. Seit über 20 Jahren werden unter meiner Leitung hier in Neuperlach Süd Radio Sendungen mit und von Kindern und Jugendlichen für Radio Feierwerk produziert. Im Lego-Prinzip entstehen hier Sendungen über die verschiedensten Themen. Schwerpunkte der Sendungen sind seit Jahren Bücher, Autoren, Filme, Regisseure, Schauspieler.

Von Formel 1 Legende bis zu Politiker und Modeschöpfer

Es gibt kaum einen deutschen Promi aus Film und Fernsehen, den die Südpolreporter*innen noch nicht interviewt haben. Otto, Thomas Gottschalk, Moritz Bleibtreu, Bastian Pastewka, Kai Pflaume, Bully Herbig, Rick Kavanian, Bruno Ganz, Katharina Thalbach, Cornelia Froboess, Senta Berger, Nina Hagen, Jan Delay, Elyas M’Barek , Jannis Niewöhner … die Liste ist lang. Auch an schwierige Themen, wie die Situation der Kinder in Afghanistan,  Klimaschutz oder „Fast Fashion“  wagen sich die Südpolreporter*innen heran. Hierzu standen auch schon journalistische Großkaliber, wie der leider verstorbene Roger Willemsen oder Politiker wie Günther Beckstein, Gregor Gysi oder der Gründer von „Plant for the Planet“ Felix Finkbeiner  Rede und Antwort.  Auch Formel 1  Legende Niki Lauda, Torwart Jens Lehmann und die Modeschöpfer Rudolf Moshammer und Harald Glöckler standen schon am Südpol-Mikrofon.

Einer der spannendsten Gesprächspartner war sicherlich Philosoph Richard David Precht über die Schule und das Bildungssystem. Seit 2015 fahren wir jährlich mit Reporter*innen zur Frankfurter Buchmesse, auch mal zu einer Filmpremiere nach Berlin, oder man findet uns oft bei Kinderfilmpremieren am roten Teppich, wo die Kinderreporter*innen von den erwachsenen Journalisten-Kollegen gar nicht so gerne gesehen werden. Aus anfänglichem Belächeln wird schnell mal ein langes Gesicht, da die Kinderreporter*inne oft viel besser vorbereitet ans Mikro gehen, als ihre großen Kollegen.

Dass sich die  Kinder so leicht für die viele Arbeit motivieren lassen, liegt ganz klar an der Ernstfallsituation. Wir spielen nicht das Radiomachen, sondern es entsteht eine Radiosendung, die jeden Samstag von 9 bis 10 Uhr „ganz in echt“ ausgestrahlt wird.

Mit Bullshit-Resistenz gegen Fake News

Team-Work, Leseförderung, Sprechtraining, journalistische Grundlagen und Recherche-Methoden erfahren die Kinder-Reporter*innen hier nebenbei. Aber die wichtigste und größte Herausforderung sehe ich in der Sensibilisierung der Kinder für „Bullshit“ und „Bullshitter“ im Internet. Philipp Hübl spricht von der Notwendigkeit der Entwicklung einer  „Bullshit Resistenz“.  Jeder kann mit „Fake News“ das Internet fluten. Viele Kinder und auch Erwachsene überprüfen Plausibilität und Quellen nicht, sondern nehmen fast alles für bare Münze.

Also liegt hier meines Erachtens unsere wichtigste Aufgabe. Kinder für Lügen und Täuschungen im Internet und den Medien bestenfalls zu immunisieren, aber vor allem wach zu machen.  Wie arbeiten Profis? Wie geht man bei großen Sendern vor? Eine großartige Chance liegt auch in der Möglichkeit, die Kinder mit den Machern zusammen zu bringen und nicht nur die eigene journalistische Arbeit, sondern auch die der großen Sender zu hinterfragen. Daher organisiere ich zusätzlich zu der sehr aufwendigen Radio-Arbeit auch alle zwei Jahre die 500-köpfige Kinderjury für das Fernseh-Festival Prix Jeunesse im Bayerischen Rundfunk, wo die Südpol-Redaktion mit einer Interview-Ecke vertreten ist. Dort  hatten wir bereits zwei Mal die Gelegenheit, Fernsehmacher zu interviewen.

Keine Allerweltsfragen in der Südpolshow

“Logo”–Chefredakteur Markus Mörchen vom ZDF in Mainz  verriet uns zum Beispiel, welche Nachrichten ihm am meisten ans Herz gehen oder auch Angst machen, ob er auf der Rolltreppe lieber geht oder steht, und ob auch “Logo” schon die Verbreitung von „Fake News“ vorgeworfen wurde.  Auf die Frage, ob er sich an unser Interview von vor zwei Jahren noch erinnert, antwortete er, dass er unsere Fragen als wahnsinnig schlau-schwierige Fragen, und nicht als Allerweltsfragen wahrgenommen habe. Und das passiere ihm nicht immer bei einem Interview.

Auch vom Großmeister des Interviews, Roger Willemsen, wurden wir für unsere Fragen gelobt. Er unterbrach das Interview, um uns ein Kompliment zu machen. Er meinte „ihr stellt so gute Fragen, ich hab mir oft gewünscht, solche Fragen gestellt zu bekommen, denn ihr fragt wirklich von innen“. Ich sehe meine Aufgabe bei der Fragenvorbereitung vor allem darin, mit den Kindern herauszuarbeiten, was sie persönlich wissen möchten und was sie interessiert.

Die prominenten Interview–Partner begegnen den Kinderradio-Reporter*innen überwiegend auf Augenhöhe, spätestens nach der dritten Frage.  Den großartigsten Nebeneffekt der Radioarbeit sehe ich in der Förderung des Selbstbewusstseins. Viele Reporter*innen wachsen hier auf. Sie beginnen mit 8 und sind mit 14 immer noch dabei. Wem es am roten Teppich erstmal die Sprache verschlagen hat, der kann später mit amerikanischen Hollywood-Produzenten fließend Interviews führen.

Und das Ganze soll „last but not least“ ja auch noch Spaß machen. Schließlich verbringen die Kinder ja hier ihre Freizeit. Die im Radio erforderliche Disziplin spornt die Kinder aber eher an. Radio machen ist viel anstrengender als Schule, sage ich oft. Das merken die frisch gebackenen Radioreporter auch schnell, aber selbst das schreckt die Kinder einfach nicht ab. 🙂

Und übrigens: Meistens haben wir bei unseren Radio Einsätzen auch eine oder mehrere Kameras im Gepäck und filmen unsere Interview-Einsätze mit. So entstehen die Videos, die dann auf Youtube gezeigt werden!

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Foto: Nadja Bucciero-Kurtulus

Patricia Bodensohn leitet seit 25 Jahren das Kinder- und Jugendradio "Südpolshow" in der Feierwerk Südpolstation. Privat schlägt ihr Herz für Berge, Reisen, Theater und Literatur.

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