Drei junge Münchner Künstlerinnen, die unterschiedlicher nicht sein könnten, haben einen gemeinsamen Nenner: das Bedürfnis nach mehr Freiheit im Alltag. Unter dem Motto “Alltag raus, Kunst rein” haben FLORENCIA BLEY, ALEXANDRA LOTTER und JANA ROTH im Juli 2019 im Feierwerk Farbenladen ausgestellt und uns von ihren Erfahrungen berichtet.
Authentische Kunst, die auf große Zustimmung stößt
Wie wir drei so unterschiedliche Arbeiten miteinander verbinden können, bereitete uns anfangs ziemliches Kopfzerbrechen. Auf der Suche nach einem Konzept stolperten wir über hohe Ideale, vergangene Erfahrungen und zukünftige Ziele, die eine Gemeinsamkeit schaffen könnten. Nach einem langen Aufenthalt über den Wolken fanden wir zum Glück doch wieder auf den Boden der Tatsachen zurück. Wir wollen in unsere Arbeiten nicht mehr reininterpretieren, als man sieht. Sie sind authentisch, sie sind real, sie sind wie wir und mehr braucht es auch nicht.
Das Schöne war, dass anscheinend nicht nur wir es so sahen. Viele Besucher*innen der Ausstellung “Alltag aus, Kunst rein” empfanden die Unterschiede als Bereicherung, die auch zum Austausch anregten und inspirierten. Und es wurde zu unser aller Vorteil. Menschen, die mehr an malerischer Kunst interessiert waren, setzen sich auch mal mit der Fotoreportage auseinander und andersherum. So verhandelten auf einmal die Gäste des einen über den Preis der Bilder des anderen.
Seine eigenen Bilder an der Wand hängen zu sehen ist doch ein ganz anderer Eindruck als nur daheim, im Atelier oder auf dem Bildschirm. Plötzlich stehen Menschen mehrere Minuten davor und begutachten diese, kaufen sie sogar. So musste Florencia, deren Bilder vorher nur von ihren Gästen daheim bestaunt werden konnten, plötzlich mit für ein Selfie posieren. „Ich will die Erschafferin von diesen Werken in Erinnerung behalten,“ sagte die Besucherin. Ohne sich etwas darauf einzubilden, ein seltsamer Moment, denkt man sich nur – und trotzdem sind es diese Reaktionen und Augenblicke, die einem wieder Bestätigung und Energie geben weiterzumachen.
So viele Leute bei Alltag raus, Kunst rein!
Für Alex ist der Moment während der Vernissage am beeindruckendsten, in dem sie realisiert, wie viele Leute gekommen sind, um ihre Bilder zu sehen und sie zu unterstützen. Die Erkenntnis, dass es sich ganz großartig anfühlen kann, über seinen eigenen Schatten zu springen. So hat ihr Strahlen an dem Abend keinen unberührt gelassen und den ganzen Raum bis auf die Straßen erfüllt.
Florencia, die sehr persönliche Bilder und Texte zeigt, musste sich erst überwinden, diese öffentlich zu zeigen und damit auch die Möglichkeit zur Beurteilung zu eröffnen. Anfangs zur Ausstellung überredet, überlegt sie jetzt nicht nur, wo sie ihre Bilder als nächstes platziert, sondern vielleicht seht ihr ihre Motive bald auch auf T-Shirts herumspazieren. Auch liebt sie die Augenblicke, in denen sich ein Lächeln auf dem Gesicht der Leute beim Lesen ihrer verdreht poetischen Texte abzeichnet und diese kurz darauf ihre Begleitung heranwinken. Was geht in deren Köpfen jetzt vor? Sie machen ein Foto von den Bildern. Wem zeigen sie diese und was erzählen sie darüber?
Raus aus der eigenen Komfortzone!
In jeglicher Hinsicht war die Ausstellung eine Bereicherung persönlicher Erfahrungen. Von dem Planungsberg am Anfang, zum Druck rechtzeitig mit allem fertig zu werden, bis zur „liebevoll gezwungenen“ Ansprache bei der Vernissage – wie Alex es so schön nennt.
Wenn alles hängt, die Musiker anfangen zu singen, die Gäste nicht aufhören zu trinken und zu lachen, dann sieht alles so einfach aus. Nicht zu vergleichen mit der Situation ein paar Tage zuvor, wenn Bilderrahmen noch nicht da sind, Interviews noch transkribiert werden müssen und die Anspannung Emotionen hochkochen lässt. Und so anstrengend es zwischendurch auch war, kann man Eric Hansons Worte am Schluss nur teilen: „What if you fly?“. Unsicherheiten gehören dazu. Es ist nur die Frage, wie geht man damit um. Aus der eigenen Komfortzone zu treten, etwas einfach mal zu machen ohne Direktion – ist ein Schritt, den man nicht falsch setzen kann. Mit der Planung haben wir zwei Monate vorher angefangen, die meisten Werke sind erst in diesem Zeitraum entstanden und wir haben alle drei mehr über Technik und Arbeitsweise gelernt als je zuvor. Die positiven Reaktionen haben uns zudem gezeigt, dass wir uns entwickelt haben, dass Fehlschüsse wichtig sind, weil wir aus diesen gelernt haben. Auch das war eine wichtige Lektion.
Geschichten, die berühren
Für Jana war es nicht immer einfach, an ihren Reisezielen ihren Optimismus und ihre Motivation zu behalten. Manche Situationen waren so absurd und fern jeglicher Menschlichkeit, dass sie oft daran gezweifelt hat, welchen Sinn dieses Projekt überhaupt macht, dass man eh nichts ausrichten kann. Doch zu sehen, dass die Geschichten viele Menschen berühren, dass sie mitfühlen und hinterfragen, hat Jana gezeigt, dass es Sinn macht, weiterzumachen.
Besonders war vor allem zu sehen, dass eben gerade ein Ort – fern vom Konflikt – eine wesentliche Rolle spielt, um einen Austausch möglich zu machen. So kauften bspw. ein syrischer und ein palästinensischer Flüchtling Fotos, die Momente des israelisch-palästinensischen Friedens zeigen. „Es soll ein Staat werden. Ein neuer-mit neuem Namen. Und alle leben frei zusammen, wie hier in Deutschland eben.“, sagt Mohamed, der aus dem alten Palästina kommt. Zu sehen, wie unsere Bilder Emotionen hervorrufen können, waren für uns alle drei wohl die überraschendsten und schönsten Augenblicke, die noch lange in unseren Köpfen hängen bleiben werden, auch nach dem Abnehmen der Bilder unserer Ausstellung “Alltag raus, Kunst rein”.
Und ganz besonders wollen wir uns bedanken bei Bernie Holzner, Robert und Beatrice Wildfeuer, die mit ihrer Musik der Vernissage die perfekte Atmosphäre mit geschaffen haben. Und unseren fleißigen Helfern Sezer, Andrea, Eddi, Anni, Conny, Wolfi und Elena im Hintergrund, ohne die die Bilder nur zur Hälfte oder schief oder gar nicht an der Wand hängen würden.