An diesem Nachmittag war nicht besonders viel los bei der Ausstellung “Fliessen lassen” im Feierwerk Farbenladen. Besser gesagt: Ich war lange Zeit die Einzige im Ausstellungsraum. An so einem sonnig warmen Tag ist das ehrlich gesagt auch niemandem zu verdenken. Aber auch gut, dann konnte mir die KĂŒnstlerin all meine Fragen beantworten und hat mir obendrein noch einiges mehr erzĂ€hlt.
Ich nahm mir von Anfang an viel Zeit dafĂŒr, die einzelnen Kunstwerke zu betrachten und sie auf mich wirken zu lassen. Viele GemĂ€lde waren in Blau- und GrĂŒntönen gehalten. Sie erinnerten mich an Natur, Wasser, Rauschen, Landschaften und Leben. Einige Werke stachen allerdings heraus. Sei es aufgrund der Farbgebung oder den abgebildeten Motiven. Besonders aufgefallen ist mir dabei ein Bild, das in schwarz, weiĂ und grau gehalten war. Wie Mila mir nachher erzĂ€hlte, verwendete sie fĂŒr das Bild unter anderem Metallpaste, um den silbrigen Hintergrund zu gestalten. Zu sehen sind gedĂ€rmartige Wesen. Ich meine auĂerdem einen Daumen darin zu entdecken. Die alienartigen Skelette ekeln und faszinieren mich zugleich.
Dein Leben, deine Gedanken, alles was ist, ohne zu bewerten, ohne festzuhalten
Jeder Mensch hat je nach Situation einen anderen Gedanken und andere Assoziationen beim Betrachten eines Bildes. Jeder wolle eine ErklĂ€rung, eine Interpretation zum Bild und es so verstehen und deuten können. Bei jedem Anschauen habe man aber ein anderes GefĂŒhl, so Mila. Selbst sie fĂŒhle nicht jedes Mal das Gleiche bei dem Betrachten eines Bildes. Bilder und die dadurch ausgelösten GefĂŒhle sollen und können nicht festgehalten werden â man muss sie flieĂen lassen. Auch die Begriffe, welche sie den Bildern zugeordnet hat, sind nur Momentaufnahmen davon, was sie beim Zeichnen gefĂŒhlt hat. FlieĂen lassen bedeutet fĂŒr sie etwas, ein Schicksal, ein GefĂŒhl, eine Begebenheit anzunehmen und es âdurchgehen zu lassen.â
Jedes Bild ist viel mehr als das jeweils Sichtbare. Unter der obersten Schicht verbergen sich nĂ€mlich noch viele weitere. Die KĂŒnstlerin Mila Mönlam hat am Anfang eines Bildes zwar eine Idee davon, was sie auf die Leinwand bringen möchte. Das Endergebnis muss dann aber nicht mehr viel damit zu tun haben. Die Stellen des Bildes, die sie mag, baut sie weiter aus. Beim Malen verĂ€ndert sie das Werk also fortwĂ€hrend bis sie schlieĂlich das GefĂŒhl hat, dass es fertig ist. Bei dem Bild ââŠbeschĂŒtztâŠâ war das ein sehr langwieriger, nervenaufreibender Prozess. Dabei hat sie nicht nur mit Acryl-, sondern auch mit Ălfarben gearbeitet. Zwischendrin hat die KĂŒnstlerin die Leinwand sogar abgeduscht, bis sie letztendlich zufrieden damit war. Sie fĂŒhlte sich befreit. Ich sehe auf dem Bild eine Unterwasserwelt, in der Mitte fĂ€llt ein Sonnenstrahl ins Wasser. Es wirkt auf mich sehr hoffnungsvoll.
Viel gröĂer, als es zu Hause erscheint
Das Malen fĂ€llt Mila Mönlam nicht immer leicht. Aufgrund ihrer Krankheit ist sie beim Pinsel auswaschen und sonstigen Arbeiten auf Hilfe angewiesen. Deshalb hat sie beim Schaffensprozess ihrer Bilder rund um die Uhr Helfer mit dabei. Auch die PinselfĂŒhrung ist aufgrund ihrer eingeschrĂ€nkten Motorik beeintrĂ€chtigt. Es ist beeindruckend, was sie erschafft und dabei den EinschrĂ€nkungen trotzt.
Die Bilder und ihr ganzes Schaffen erscheinen ihr selbst ausgestellt viel gröĂer, als das, was sie zu Hause sieht. Sie bezeichnet sich selbst als ihren gröĂten Fan â ohne dabei in irgendeiner Weise eingebildet zu sein. Die Werke sind ein Ausdruck ihres persönlichen GefĂŒhls und Befindens in der Situation â sie sind ein Teil von ihr. Gerade deshalb fĂŒhle es sich so an, als wĂŒrde sie bei der Ausstellung ihr Innerstes preisgeben, so als wĂŒrde sie sich nackt ausziehen.