Was gibt es Schöneres, als sich mit den Kindern an einem kühlen Samstagnachmittag im Herbst ins Warme zu setzen, Muffins zu mampfen und gemütlich Theater zu kucken? Nicht viel, daher war das von unserer Feierwerk Funkstation angekündigte Figurentheater „Wenn Fuchs und Hase sich Gute Nacht sagen“ schon seit langem in unserem Oktober-Kalender vorgemerkt. Die Vorfreude war groß, und die Begeisterung noch größer, als wir dieser bezaubernden Geschichte über eine ganz besondere Feind- bzw. vielmehr Freundschaft endlich beiwohnen durften. Doch der Reihe nach.
Kindertheater in Zeiten von Corona
Kulturveranstaltungen in Zeiten von Corona sind einfach etwas anderes – und das gilt nicht nur für die Großen, sondern auch für die Kleinen. Ans Masken tragen und Abstand halten habe ich mich inzwischen schon fast gewöhnt; ebenso das Töchterchen, das seit ihrem 6. Geburtstag vor ein paar Wochen und auch jetzt beim Theater-Besuch in der Funkstation brav ihre rote Sternen-Maske trägt. Ungewohnt ist und bleibt für mich der Anblick von leeren, abgesperrten Plätzen während der Veranstaltung – ein Umstand, der aufgrund von Hygienekonzept zu einer Notwendigkeit geworden ist. Sybille Schlamp, meine liebe Kollegin, die vor Ort den Familienbereich leitet, hat regelrecht Tetris gespielt, einen perfekt ausgeklügelten Abstands-Sitzplan erstellt und die Sitzreihen liebevoll nach Anmeldungen der einzelnen Haushalte durchnummeriert und mit Flatterband bestückt. Wir packen unsere Rucksäcke auf die Plätze und huschen an die Theke – denn hier gibt es immer richtig guten Kaffee und heute auch leckere Schoko- und Blaubeer-Muffins, die wir natürlich alle testen.
Figurentheater Pantaleon ist mit „Fuchs und Hase“ zu Gast
Kurz vor Beginn habe ich die Chance, Alexander Baginski zu treffen, der das Figurentheater Pantaleon 1984 gründete. Der Puppen- und Schauspieler baut seine Puppen alle selbst, schreibt die Texte und singt, und würde uns heute als überzeugender Alleinunterhalter begrüßen. „Es ist die Fülle an Kreativität, die man beim Theater ausleben kann, das macht am meisten Spaß“, erzählt er mir. „Es geht ja nicht nur ums Spielen. Es geht auch um Bühnenbilder, man überlegt sich eine Geschichte, entwickelt Figuren,… Das ist schon sehr interessant und erfüllend. Und natürlich auch das Schlüpfen in andere Rollen.“
Letzteres tut er wenige Minuten später, als der Saal endlich gefüllt ist und das Licht gedimmt wird, mit vollem Elan. Mit Holzstock, Bank und Zelt ist das Bühnenbild einfach, aber absolut ausreichend, und als am schwarzen Molton im Hintergrund die Sterne aufgehen, fangen auch die Augen meiner Kinder zu leuchten an. Alexander Baginski betritt als Wanderer mit Fernrohr, Boots, Hosenträgern, Fuchsmütze und Umhängetasche inkl. Plüschhasen Max die Bühne, begrüßt das Publikum, verschwindet kurze Zeit später im Zelt – und die Geschichte beginnt.
Eine zauberhafte Geschichte über eine ganz besondere „Freundschaft“
Musik erklingt durch den Saal der Funkstation, alle starren wie gebannt auf die Bühne, als der kleine Hase Max im Rampenlicht erscheint. Er hat sich im Wald verlaufen, kennt den Weg nach Hause nicht und begegnet dem Fuchs, der Wolfi heißt. Der Anblick des Fuchses vermag so manches Kind in den vorderen Sitzreihen erschrecken, einige kuscheln sich eng an Mama oder Papa. Doch der kleine, freche Hase Max, der sich durch nichts aus der Ruhe bringen lässt und seinem vermeintlichen Feind mit geschwellter Brust und einer großen Portion Selbstbewusstsein entgegentritt, zieht alle auf seine Seite. Immer wieder fallen ihm neue Dinge ein, um nicht im Fuchsbauch zu landen, sondern seinen großen Gefährten sogar dazu zu bringen, ihn über den gefährlichen Weg nach Hause in den Fuchsbau zu bringen. Dort erzählt dieser ihm sogar noch Geschichten und singt Lieder vor, bis Wolfi vor lauter Erschöpfung schließlich einschläft und Max‘ Papa seinen Hasensohn in Sicherheit bringt. Alexander Baginski erzählt die Geschichte mit viel Hingabe und Charme, wechselt im Sekundentakt zwischen den beiden Rollen hin und her, und erntet beim verzauberten Publikum völlig zu Recht mehrfachen Applaus.
„Ich habe zuerst das Bilderbuch von Kathrin Scherer gesehen, das fand ich schon sehr witzig, weil sie diese Geschichte gegen die Klischees bürstet“, erzählt mir Alexander, als ich ihn danach frage, weshalb er sich für genau dieses Stück entschieden hat. Das gefällt mir auch an der Geschichte: der schlaue Hase, dem die Schwäche des Fuchses zugute kommt – überlistet kann man ja nicht wirklich sagen. Das sind zwei Charaktere, die aufeinandertreffen, und zwischen denen sich fast so etwas wie das Stockholm-Syndrom entwickelt, weil ja eine richtige Sympathie entsteht. Der kleine Hase ist auch nicht wirklich der Feind des Fuchses, obwohl er ja weiß, dass der ihn fressen will.“ Diese Art Freundschaft, die irgendwie entsteht, ist auch bei den Zuschauer*innen angekommen – fast möchte man, dass das ungleiche Paar ab sofort viele weitere, gemeinsame Abenteuer erlebt.
Gelungene Kindertheater-Premiere in der Funkstation – trotz anderer Umstände
Auch das Team unserer Funkstation schwärmt von der Kindertheater-Premiere mit „Fuchs und Hase“ im Haus: „Wir hatten das Theater ja eigentlich noch vor Corona geplant, daher war es aufgrund der Umstände jetzt schon eine Herausforderung für uns“, sagt Sybille Schlamp. „Trotzdem fanden wir die Premiere jetzt total gelungen, es war eine richtig schöne Stimmung im Saal und wir haben uns gefreut, dass wir es anbieten konnten. Und nachdem uns die Eltern auch gleich gefragt haben, ob es so etwas nochmal geben wird, möchten wir es auf jeden Fall wieder machen!“
Wir sind auf jeden Fall auch wieder am Start, mein Nachwuchs fand es richtig toll. Als ich das Töchterchen abends beim ins Bett gehen gefragt habe, ob sie denn jetzt wisse, wie sich Fuchs und Hase gute Nacht sagen, und ob sie sich auffressen würden, antwortete sie nur: „Neiiiiin, die fressen sich doch nicht auf, die erzählen sich doch Geschichten und singen ganz viel!“ Sie hat Max und auch Wolfi ins Herz geschlossen. Und ich könnte mir vorstellen, dass es auch für Alexander Baginski ein gelungener Auftakt auf der Bühne der Funkstation war, denn: „Kinder sind ehrlich“, hatte er mir vor dem Stück noch verraten. „Wenn den Kindern ein Stück nicht gefällt, dann langweilen sie sich und das merkt man, die sind da einfach nicht theaterzivilisiert.“ Beim Fuchs und Hasen in der Funkstation war davon keine Spur. Das war Kindertheater der ganz besonderen Art!