Leaving Meaning – unter diesem Namen stellt der Künstler Daniel Gianfranceschi seine außergewöhnlichen Kunstwerke im Feierwerk Farbenladen aus. Für einen besseren Eindruck traf ich ihn vor Ort zu einem Interview und konnte mir dabei gleich ein Bild von der Ausstellung machen.
Hinter dem Schaufenster befinden sich Bilder auf Leinwand und diverse Skulpturen aus unterschiedlichen und ausgefallenen Materialien. Sie sind „auf abstrakte Weise eine Art Selbstportrait“ des Künstlers. Mithilfe von Leder, Holz, Glasfaser, Schaum und vielem mehr kreiert Gianfranceschi seine Arbeiten. Er verfolgt dabei die Intention, ein bestimmtes Gefühl festzuhalten. Themen wie psychische Gesundheit, Ekel, Dreck, der menschliche Körper und dessen Psyche werden auf nicht-figurative Weise dargestellt.
Von Musik zum Werk – der Entstehungsprozess
Erst Anfang 2021 ließ Daniel Gianfranceschi die Philosophie: „nichts haben was formen könnte“ bei der Arbeit zurück. Früher ließ er sich durch nichts bei seinen Werken beeinflussen, nun begann er damit, sich von der Musik inspirieren zu lassen. Anstoß für Namen und Werke der Ausstellung „Leaving Meaning“ gibt die Musik von Nils Frahm und die Band „Swans“. Musik ist für den Künstler „fast genauso wichtig wie Kunst“ da „mich Musik schon immer geprägt (hat)“.
Hinter der Entstehung steckt eine meist zuvor komplett geformte Idee und ein intuitiver Prozess, wobei der Fokus ganz klar auf den Materialien liegt. Durch die Musik entstehen in meditativer Arbeit aus verschiedensten Texturen abstrakte Werke mit Eindruck.
Das Highlight – der Baumarktbesuch
Die Materialien bekommen klar den Fokus bei der Erschaffung der Werke. Von Bauschaum über Leder bis zu Heißkleber, Ton und Glasfaser ist alles dabei. Dem Künstler ist es wichtig, immer wieder neue Kombinationen mit unterschiedlichsten Stoffen auszuprobieren und auch Materialien mit einzubeziehen, welche nicht unbedingt im „Kunst-Kontext“ stehen. Inspiration für die Auswahl der Substanzen findet er im Baumarkt. Was für den einen stressiges Einkaufen ist, ist für Daniel Gianfranceschi „wie der Himmel“. Da er meist nicht unbedingt ein spezifisches Werk im Sinn hat, kommt oftmals erst beim Durchstöbern der Abteilungen und bei der Begutachtung unterschiedlichster Stoffe der Einfall für eine neue Skulptur. Genau dieser intuitive Prozess und die Kombination gegensätzlicher Materialien machen die Werke der „Leaving Meaning“-Ausstellung besonders und einzigartig.
Je näher ich den Kunstgegenständen komme, desto facettenreicher werden diese. An den dreidimensionalen Skulpturen erkennt man auch beim öfteren Hinsehen immer wieder neue Details und erst da wird einem die Komplexität des Zusammenspiels der Substanzen bewusst.
Leaving Meaning – das Thema der Einschränkung
Ein Motiv, das sich durch die ganze Ausstellung zieht, ist die Einschränkung. In zweierlei Hinsicht wird dieser Leitgedanke aufgefasst: im wörtlichen und im übertragenen Sinne. Ersteres zeigt die Einschränkung der Materialien untereinander. Werke auf Stahlstützen, welche visuell fast zusammenfallen, begrenzen die Möglichkeiten der Substanzen. Der übertragene Sinn stellt die menschliche Natur in Frage, in der Art und Weise, wie Menschen manchmal ihr „wahres Ich“ verstecken, um „normal“ zu erscheinen.
Seit Anfang 2020 trifft die Einschränkung, bedingt von der Pandemie, besonders viele auf eine ganz neue Weise. So wurde auch Gianfranceschi nicht verschont von der allgemeinen Antriebslosigkeit. Dies wird auch im Interview deutlich, da dem Münchner „der Antrieb gefehlt“ hat und seine „Perspektive ein bisschen in ein dunkles Loch gefallen“ ist. Nichtsdestotrotz half diese Zeit ihm, seine Liebe zur Musik neu zu entdecken, wieder mit dem Zeichnen anzufangen und sich persönlich weiterzuentwickeln.
Danke an Daniel Gianfranceschi für die ehrlichen Worte und den Einblick hinter die Kulissen.
Ein Besuch der Ausstellung lohnt sich auf jeden Fall – egal, ob rund um die Uhr durch das Schaufenster oder wenn sie an den Wochenenden für Besucher*innen geöffnet ist.