Loops, Socken, Hasen und kleine Engel – gestrickt, gehäkelt, genäht und gefilzt. Jeden ersten und dritten Donnerstag im Monat steht der Feierwerk Nachbarschaftstreff in der Badgasteiner Straße 5 offen für alle, die Lust auf kreatives Handarbeiten und regen Austausch haben. Denn bei dieser kunterbunten Runde wird nicht nur handwerklich gearbeitet. Man gibt sich gegenseitig Tipps und tauscht sich aus, und fast immer gibt es auch etwas zum Naschen.
Während ich den fleißigen Damen so zuschaue, wie sie ihre Nadeln schwingen, einfädeln und aufmaschen, denke ich zurück an Paris. Genau, an Paris, denn damals, vor rund 10 Jahren, habe ich im Auslandssemester von meiner französischen Nachbarin das Stricken gelernt. Und so gab es als Mitbringsel für meine Lieben daheim nicht den Mini-Eiffelturm vom Trödel am Père-Lachaise, sondern Schals und Mützen – alles echte Handarbeit. Heute befinde ich mich aber nicht in der französischen Hauptstadt, sondern am Rande des Westparks im Feierwerk Nachbarschaftstreff, wo zweimal im Monat (nicht in den Ferien) der Kreativtreff “Stricken & More” stattfindet.
“Wir netzwerken eigentlich”, erzählt mir Marianne, Ärztin und aktuell Hausfrau und eine der Initiatorinnen dieses Projekts. “Ich habe so eine Gruppe schon früher einmal gemacht, um den Laden einer Freundin anzukurbeln, die dort Naturprodukte im Bereich Kosmetik und Mode angeboten hat. Dieses Geschäft hat sie dann aber Standort-bedingt leider irgendwann aufgeben müssen.” Als ihre Freundin Katrin, gelernte Reisekauffrau und inzwischen in der Mittagsbetreuung engagiert, ihr von der Öffnung des Nachbarschaftstreffs erzählte, kam schnell die Idee, so eine Runde wieder ins Leben zu rufen.
Marianne und Katrin kennen sich noch über den gemeinsamen Kindergarten ihrer Kinder, inzwischen sind schon einige Damen mehr beim Kreativtreff mit dabei. Elisabeth, auch Ärztin, die Marianne über die Gemeinde kennt. Und Inge, Schneidermeisterin, die mir ihre selbst gestrickten Hasen, den gehäkelten Engel und Schmetterlinge zeigt. Alles in feinster Handarbeit mit viel Liebe zum Detail gefertigt, ich bin schwer beeindruckt. Während ich noch die kleinen Kunstwerke bestaune, ruft Inge über den Tisch zu Marianne hinweg: “Wieviel muss ich jetzt nochmal abnehmen?” Kurz bin ich irritiert, bis mir klar wird, dass es nicht um Körpergewicht, sondern um die Anzahl der Maschen geht, die sie von der Stricknadel nehmen soll.
“Das Schöne ist, dass wir uns hier so richtig austauschen können”, sagt Marianne. “Fast immer hat jemand einen guten Tipp, wo es gerade tolle Wolle zu kaufen gibt, oder auch, wo man günstig Utensilien fürs Nähen und Stricken bekommen kann.” Und auch kulinarisch kennen sich die Damen aus: so zeigt mir Elli, die viele Jahre in der Öffentlichkeitsarbeit und in der Abrechnungsstelle vom Roten Kreuz gearbeitet hat, auf ihrem Smartphone begeistert Fotos. “Das ist in Ulm, in unserem Obstgarten. Kirschen, Äpfel, Johannisbeeren, schwarze und rote – die hab ich alle eingekocht, das waren Hunderte von Gläsern.” Auch ich komme in den Genuss ihrer Koch- bzw. vielmehr Backkünste, denn während die anderen stricken und plaudern, serviert mir Elli frisch gebackenen Rotwein- und Eierlikörkuchen zum probieren. Ein Gaumenschmaus!
Auch gemeinsam in ihrer kreativen Stricken & More Runde wurde schon fleißig gebacken. Anstelle von Nadel, Garn und Wolle kommen dann Mehl, Butter und Eier auf den Tisch. “Wir haben schon Apfelstrudel gebacken, und Rumkugeln gemacht! Und eine Schoko-Avocado-Creme, die war auch lecker!”, erzählt mir Marianne mit leuchtenden Augen. Zum Glück verputze ich gerade die letzten Krümel Kuchen, sonst würde ich glatt Hunger bekommen.
Selber machen steht hier also hoch im Kurs. Sobald das weiße Lätzchen, das Marianne gerade fürs Enkelchen strickt, fertig ist, macht sie gleich weiter mit den Stulpen für die 6-jährige Tochter einer Freundin – eine Auftragsarbeit. Und ein brauner Rock mit Zopfmuster für sich selbst ist auch schon in Planung. Immer beim Kreativtreff mit dabei: Flo und Flash, ihre beiden Hunde. Talent hat Marianne großes, das beweist nicht zuletzt das blaue, selbst gestrickte Top, das sie trägt. Und just bekomme ich auch noch einen Poncho präsentiert – hier ist wirklich alles an Mode dabei, was man sich vorstellen kann. “Ich hab schon immer viel gestrickt, auch für meine vier Söhne früher. Babyanzüge, Socken, Mützen, Schals,… jede Menge!”
Die Stricknadel ist natürlich keine Voraussetzung, um dieser gemütlichen, lustigen und geselligen Truppe beizuwohnen, ganz im Gegenteil. “Wir freuen uns über neue Leute!”, höre ich einstimmig von allen. Elli hat heute nur schnell ihr Einkaufsnetz zusammen geflickt, andere machen auch mal einen Hosenbund enger, um Klamotten dann wieder anziehen zu können. Oder man schaut einfach so mal vorbei – für ein Stück Kuchen, einen netten Plausch, wertvolle Handarbeitstipps oder liebe Kontakte. Alter und Geschlecht sind egal, die Freude an der Sache zählt.
Ich hab auf jeden Fall wieder Lust bekommen und muss am Wochenende gleich mal schauen, ob ich irgendwo im Keller meine Stricknadeln finde. Und wo ich dann die schönste Wolle der Stadt herkriege, werde ich mit den Damen nochmal klären. Aber dann steht ihm nichts mehr im Weg, dem ersten selbst gestrickten Pulli für meine Kids! Und ob sie wollen oder nicht – made by mama, das wird auf jeden Fall getragen!
2 Comments
Hallo, mein Name ist Inge, ich bin 72 Jahre alt und ich wäre an der strickgruppe interessiert. Ich stricke seit ca 6 Jahren und es hat sich in der Zwischenzeit jede Menge an wolle angesammelt, die ich sehr gerne an Interessierte strickerinnen verschenken möchte. Für strickanfängerinnen kann ich gerne auch Hilfestellung geben . Bitte teilen Sie mir ihren nächsten Termin mit und ich würde mich sehr freuen wenn sie mich zu ihrer nächsten strickrunde einladen würden
Liebe Grüsse
Inge Effenberger
Liebe Frau Effenberger, vielen Dank für Ihren lieben Kommentar! Wir hatten Ihre Anfrage an die Damen vom Strick-Treff weiter geleitet gehabt und hoffen, Sie sind inzwischen schon begeisterte “Mit-Strickerin” :-)!