Familie

Das Leben ist eine Wundertüte – Schauspielerin Judith Gorgass im Interview

Im Rahmen des Dschungelfestivals in diesem Jahr im Feierwerk Dschungelpalast betreute ich den Infocounter, um den zahlreichen Besucher*innen ihre etwaigen Fragen zu beantworten. An Halloween trat die Schauspielerin Judith Gorgass auf – und ich hab sie mir geschnappt, um ihr ein paar Fragen zu stellen.

Judith, was hat dich damals zum Schauspielstudium bewegt?

Ich war auf der Waldorfschule und da spielt man ja immer schon viel Theater. Da hat mir das schon total getaugt, aber dann wollte ich Tierärztin werden. Ich hatte aber nicht so ein gutes Abitur und hätte auf jeden Fall auf einen Studienplatz warten müssen. Ich habe ein Eurythmie-Studium angefangen, vier Jahre lang und habe das auch fertig gemacht. Also bin ich Eurythmielehrerin. Das ist ein Unterrichtsfach an Waldorfschulen, für alle, die noch nie davon gehört haben. Ich habe dann aber nicht viel unterrichtet, sondern mehr Kurse gegeben und bin dann auch schon mit dem Eurythmie-Ensemble getourt. Das hat mir total gut gefallen, so ein Zirkusleben. Immer unterwegs sein mit meiner Gruppe, durch die Welt reisen und auftreten. Und dann dachte ich mir, das will ich ja jetzt nicht mein ganzes Leben lang mit Eurythmie machen. Ich dachte mir, eine andere Möglichkeit so zu leben, zu reisen und zu spielen, ist, eben Schauspielerin zu werden. Dann habe ich mich in München auf der Schauspielschule beworben, auf der ich dann auch war.

Du hattest ja bereits viele Rollen in Theaterstücken und Filmen – gab es für dich jemals einen Moment, in dem dir alles zu viel geworden ist?

Das denke ich mir einmal in der Woche. Ich arbeite ja freiberuflich und habe immer so sieben bis zwölf verschiedene Jobs, die ich mache. Ich habe schon immer wahnsinnig viele Projekte parallel gemacht, und das ist mir oft zu viel. Das ist, glaube ich, auch dieses Freiberufler-Ding, dass man denkt, ja das mach ich noch, das klingt super, macht total Spaß, das schaff ich schon. Wenn‘s mir gut geht, ist es super, aber wenn ich dann krank und müde bin, dann ist das schnell alles zu viel. Aber ich liebe dieses Leben auch sehr, weil es für mich ganz schrecklich wäre, jeden Tag in dasselbe Büro zu gehen. Es ist immer eine Wundertüte, so zu leben. Ich habe einen Kalender, in den ich alles eintrage, und wenn ich den verliere, dann weiß ich nicht, wie mein Leben in zwei Wochen aussieht.

Du arbeitest unter anderem auch mit Kirstie Handel zusammen – kannst du mehr über euch erzählen?

Die Kirstie und ich kennen uns seit 2003 vom ZEBRA Stelzentheater, da sind wir beide mit denen in Dubai gewesen. Und da haben wir uns kennen und lieben gelernt. Wir haben auch schnell gewusst, wir wollen etwas zusammen machen: Kirstie als Clown, ich als Schauspielerin. Es war irgendwie naheliegend, dass wir auch sprechen wollen auf Stelzen. Wir dachten uns: Man kann doch auch Comedy auf Stelzen bringen. Und dann haben wir mit unserem ersten Duo angefangen: Die Politessen – Polly und Tess, die gibt es bis heute. Und daraus entstand eine ganz tolle, vielseitige Zusammenarbeit. Natürlich sind wir auch total befreundet, aber momentan schaffen wir es sehr wenig, uns privat zu treffen. Wir wissen uns super zu schätzen, auch als Freundinnen. Ich bin zutiefst dankbar für unsere Zusammenarbeit und Freundschaft!

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Du stehst sehr häufig auf der Bühne – gibt es nach all den Jahren noch Momente, in denen dich das Lampenfieber packt?

Also heute habe ich zum Bespiel Lampenfieber, weil ich jetzt ein ganz neues Programm mache. Das haben wir uns letzte Woche ausgedacht und ein bisschen geprobt. Aber das ist schon aufregend. Ich bin auch keine Solo-Spielerin. Heute bin ich Hexe Frieda im Feierwerk, für Halloween, und das ist ein kleiner Solo-Part. Ich fange alleine an und erzähle eine Gruselgeschichte und das ist auf jeden Fall aufregend. Ich bin froh, dass Kirstie dann dazukommt, als Glucks. Ich bin echt kein Solo! Ich wollte auch nie so einen Monolog machen. Also immer lieber mindestens zu zweit.

Du bist Schauspielerin und auch auf Stelzen unterwegs. Kannst du diesen Perspektivwechsel beschreiben?

Ich finde das toll, ich mag das. Vielen Leuten wäre das total zu krass. Heute Morgen habe ich schon Patientin gespielt, das ist auch eins meiner großen Arbeitsfelder. Ich spiele Patientin für angehende Ärzte und Ärztinnen, das sind Medizinstudent*innen, die mit Schauspieler*innen schwierige Gesprächssituationen ausprobieren. Also wie gesagt – manchmal ist mir das alles zu viel, aber meistens finde ich das toll. Auch das mit den Stelzen, das ist toll.

Durch deine Auftritte kommst du ja richtig rum. Kann man sagen, du bist überall daheim?

Gute Frage… Ich merke es immer, wenn ich so zwei bis drei Wochen in München bin, dann denk ich mir schon: Ah, jetzt würde ich gerne wieder irgendwas erleben und wegfahre. Und meistens habe ich dann wieder einen Auftritt, vielleicht in Nürnberg, vielleicht Berlin, manchmal in Spanien oder demnächst in Schweden. Darauf freue ich mich schon sehr. Ich mag es sehr, zu reisen, aber ich fühle mich auch nicht überall daheim. Also es gibt auch Länder, in denen ich nicht zuhause war. Ich liebe Amerika, da war ich oft zum Stelzen laufen, würde wahnsinnig gerne wieder hin. Da habe ich mich sofort zuhause gefühlt. In China jetzt zum Beispiel weniger, da war ich auch ein paar Mal zum Stelzen laufen. Es ist ganz unterschiedlich.

Im Sommer 2019 warst du schon bei uns auf dem Sommerfest.  Jetzt bist du wieder hier, im Dschungelpalast zu Halloween. Wie bist du auf uns aufmerksam geworden?

Ich kannte das Feierwerk schon seit den Neunzigern, weil ich ja hier auch feiern und auf Konzerten war. Aber der Kontakt, hier zu spielen, ist durch Kirstie entstanden. Sie hatte sich mit dem Dschungelpalast in Verbindung gesetzt und dann bin ich dazu gekommen. Das erste Mal hat Kirstie hier ein Solo gespielt und dann haben wir uns gedacht, wir können auch was zusammen machen.

Du hast in deinem Beruf auch viel mit Kindern zu tun. Was macht es für dich besonders, mit Kindern und für Kinder zu spielen?

Ich finde es so schön, wie kreativ Kinder sind und wie wenig Kritik sie im Kopf haben. Wenn ich schreibe oder etwas entwickle, dann merke ich schnell, ich habe so eine Bremse. Ich reflektiere, ich frage mich: „Ist das gut? Ist das witzig?“. Und das ist so toll bei Kindern, dass sie das noch nicht haben. Und ich wünsche, dass jede*r Künstler*in sich davon viel bewahrt. Ich unterrichte jeden Montag Grundschüler*innen in Theaterkursen und entwickle mit ihnen die Stücke selber. Es geht so schnell, dass sie eine ganze Welt erschaffen. Und die kann völlig absurd sein, aber irgendwann läuft am Schluss alles in ein rundes Stück hinein. Das liebe ich an der Arbeit mit Kindern.

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Vielen Dank für das Interview, liebe Judith!

Ich bin Astrid und absolviere im Feierwerk einen Bundesfreiwilligendienst in der Öffentlichkeitsarbeit. Nach meinem Abitur freue ich mich jetzt auf viele neue Erfahrungen im Feierwerk und hoffe, mich persönlich weiter zu entwickeln!

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