Seit vergangener Woche findet die neue Ausstellung KANIKULY 30° IM SCHATTEN im Farbenladen statt. Der Titel ist Programm: Kanikuly ist russisch für „Ferien“ und da liegt natürlich der August als Ausstellungs-Monat perfekt. Die tollen Skulpturen, Gemälde und Installation versetzen einen direkt in den Urlaub, an den See oder ans Meer zurück.Â
Abkühlung gefällig? Alles über das kühle Nass
Ich selber habe mir am Freitag eine künstlerische Abkühlung geholt. Empfangen hat mich die liebe Anette Koch. Neben ihr haben auch noch viele weitere Künstler*innen für die Ausstellung Werke vorbereitet. Wenn man sich in dem Raum so umschaut, merkt man, was das Hauptelement bei 30 Grad im Schatten ist: Wasser. Die meisten Werke drehen sich rund um das kühle Nass. Anette hat tolle Ölmalereien von tauchenden Menschen über der Treppe in den Keller und Silhouetten von Personen, die tolle Schattenbilder erzeugen, mitten in den Raum gehängt. Als ob die Schattenspiele selber gerade die verschiedenen Werke bestaunen. Wir folgen ihren Gemälden nach unten in das Untergeschoss vom Farbenladen. Sie erzählt mir von einer völlig abgefahrenen Installation von Mario Klingemann, denn der Künstler arbeitet mit künstlicher Intelligenz. Ein Algorithmus bekommt unterschiedliche Bilder vorgezeigt, teilweise stark verpixelt, und gestaltet aus seinen Erkenntnissen ein eigenes Bild. Man erkennt sofort, wie der Algorithmus „denkt“. Leider funktionierte die Installation heute nicht und Annette Koch erklärt mir nur, wie ich mir das ungefähr vorstellen kann. Allein ihre Erzählung klang total abgefahren.
Schwindelerregende Gemälde
Vollkommen hin und weg von den Beamern erblickte ich ein paar kleine Gestalten in weiß und blau – die Skulpturen von Alexandra Lukaschewitz. Ein kleines schneeweißes Fabelwesen mit großen blauen Kulleraugen starrte mich mitten im Farbenladen an und zog mich in seinen Bann. In seiner linken Hand hielt es einen kleinen süßen Oktopus, und mit jedem Blick in seine Richtung verliebte ich mich ein klein wenig mehr in das kleine Kerlchen. Als ich so weiter durch die Ausstellung ging, ließ mich ein Gemälde von Boris Storz an der Stärke meiner Brillengläser zweifeln. Ich blinzelte mehrmals, bis mir ganz schummrig vor Augen wurde. Eine riesengroße gelbe und baue Fläche mit einigen fleischfarbenen Flecken stand mir gegenüber. Ein wenig rot und weiß war auch noch darunter gemischt. Die ganze Strand-Szenerie verwirrte mit seiner verschwommenen Art und Weise den visuellen Teil meines Gehirns. Ich wollte lange drauf schauen, um Genaueres zu erkennen, aber länger als zehn Sekunden ging nicht – da wurde mir schon wieder schwindelig. Aber auch nicht schlimm, ich blickte weiter nach rechts, wo mich ein kühles Swimmingpool-Türkis anlachte. Mehrere junge Frauen tauchten auf den Gemälden durch eisblaues Wasser. Die Gemälde von Brigitte Yoshiko Pruchnow faszinieren mit ihrer wahnsinnig realistischen Spiegelung der Sonne im Wasser auf den Gesichtern junger Frauen. Als ob man mit einer Unterwasserkamera einen perfekten Schnappschuss für ein perfektes Instagram-Bild aus dem Urlaub schießt, für das einen alle Zuhausegebliebenen beneiden. Zum Glück sind die jungen Mädels nicht den realistischen Quallen von Michaela Wühr begegnet. Die in rosa und grau schillernden Medusen erblickt man aus jedem Winkel des Raumes. Beobachtet man das Bild lange genug, erkennt man die kleinen Feinheiten, mit denen Wühr jeden einzelnen Tentakel auf die Leinwand bringt. Und was jeder von uns denkt, wenn uns im See eine glitschige Alge am Fuß berührt, könnt ihr hier auf dem Gemälde von Maria Stelmakh sehen:
Mein Fazit von der Ausstellung Kanikuly im Farbenladen
Egal ob es draußen wirklich 30° im Schatten heiß ist oder nicht, diese Ausstellung ist perfekt, um die künstlerischen Reserven aufzufüllen. Versetzt euch mit den Bildern in den Jesolo-Urlaub, als ihr 11 Jahre alt wart, zurück oder werdet verblüfft darüber, wie gerne auch die Technik mal ihre Koffer packen würde. Quatscht die Künstler*innen an und erzählt euch gegenseitig von eurem schönsten Urlaub. Seid fasziniert vom beneidenswerten Handwerk unserer Aussteller*innen. Leute schaut vorbei – eine erfrischende Abkühlung bekommt ihr hier garantiert bei jedem Wetter.
Wenn ihr noch mehr über den Farbenladen, seine Ausstellungen und Künstler*innen lesen wollt: Tobias Meier berichtet auf unserem Blog, wie er seine Ausstellung erlebte. Außerdem könnt ihr nachlesen, warum man bei „Obacht! Firlefranz“ immer ein zweites Mal hingucken muss.